Exkursion: Bremen

[Ein Bremen-Klischee vorweg: Natürlich ist der Bremer Roland, die 1404 errichtete Rolandstatue auf dem Marktplatz vor dem Rathaus, keine zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum, um die es ja in diesem Beitrag geht. Das Wahrzeichen steht seit 1973 unter Denkmalschutz und wurde 2004 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Mit einer Gesamthöhe von über 10 Metern ist das Denkmal die größte freistehende Statue des deutschen Mittelalters. Es hat übrigens tatsächlich etwas mit zeitgenössischer Kunst in öffentlichen Räumen zu tun: Die Stiftung Bremer Bildhauerpreis hat ihren Rolandpreis für Kunst im öffentlichen Raum nach ihm benannt, der seit 1990 im Rhythmus von drei Jahren vergeben wird. (Foto: Dietmar Rabich, CC BY-SA 4.0.)]

Die digitalen Exkursionen der Jesteburger Bürger*innen-Akademie für Kunst in öffentlichen Räumen bieten beispielhaft Einblicke in das historische und zeitgenössische Spektrum von Kunst in öffentlichen Räumen. Wie gingen und gehen große Städte mit dem Thema um, was hat sich bewährt, was kommt bei den Bürger*innen an, was bei Besucher*innen und Tourist*innen? Was wirkt angestaubt und langweilt? Was ist innovativ, spannend, herausfordernd?

Die Freie Hansestadt Bremen war 1973 die erste deutsche Stadt, die den Begriff ‚Kunst im öffentlichen Raum‘ einführte und so eine Neuorientierung in der kommunalen Kulturpolitik auslöste. „Die Kunst in der Stadt sollte nicht mehr der Verschönerung einer als fragwürdig empfundenen Architektur oder als ‚Almosen‘ für Künstlerinnen und Künstler dienen, sondern Auslöser neuer sozialer und kommunikativer Prozesse im städtischen Alltagsleben sein.“ (Hans-Joachim Manske) Hat sich dieser Anspruch in fast 50 Jahren eingelöst? Wie hat Bremens Kunst im öffentlichen Raum die Stadt verändert und geprägt, was bleibt und wie sieht hier die Zukunft aus?

Herzlich willkommen in Bremen!

Die ersten drei digitalen Exkursionen im Rahmen der Jesteburger Bürger*innen-Akademie für Kunst in öffentlichen Räumen führen in die drei großen, Jesteburg umgebenden, Städte im Nordwesten: Hannover, Hamburg und Bremen. Alle drei spielen auf ihre Weise eine Pionierrolle in der Entwicklung und Etablierung zeitgenössischer Kunst in öffentlichen Räumen, alle drei begannen ihre ersten Programme vor 40 bis 50 Jahren. Bremen ist die dritte Exkursions-Stadt unseres Programms, den Anfang machten Hannover und Hamburg. Die digitale Hannover-Exkursion führt in das Thema ein, indem sie gedanklich durch einige Stadträume spaziert und dabei wesetliche Aspekte, Hintergründe, Grundlagen, Motivationen, Formate, Potentiale und Problematiken von Kunst in öffentlichen Räumen berührt.

Wie auch die digitale Hamburg-Exkursion nähert sich die digitale Bremen-Exkursion ihrem Thema im Rahmen dreier Gespräche: Thomas Kaestle, Projektleiter der Akademie, unterhält sich in aufgezeichneten Videos (die direkt darunter auch als Audiodateien abspielbar sind) mit Rose Pfister, die in der Bremer Senatsverwaltung bis zu ihrer Pensionierung 30 Jahre lang für Kunst in öffentlichen Räumen zuständig war und vom Bremer Senat für die Jahre 2021 bis 2027 in den Vorstand der Stiftung Bremer Bildhauerpreis berufen ist, mit Arie Hartog, dem Direktor des Gerhard-Marcks-Hauses in Bremen, der Mitglied des Landesbeirats für Kunst im öffentlichen Raum ist, und mit der Theatermacherin Katrin Bretschneider, die 2021 mit der großen Produktion Shaking Hands With Ghosts das ehemalige Gelände der Werft AG Weser im Bremer Norden erlebbar machte und sich 2023 mit einer ähnlichen Inszenierung der Bremer Überseestadt widmen wird.

30 von 50 Jahren Programm für Kunst im öffentlichen Raum in Bremen: ein digitaler Besuch bei Rose Pfister

Rose Pfister war über 30 Jahre lang Referentin und Referatsleiterin für bildende Kunst und Kunst im öffentlichen Raum beim Senator für Kultur Bremen – von 1987 bis 2020. Sie ist Vorstandsvorsitzende des Bremer Forums für Nachlässe von Künstlerinnen und Künstlern e.V. und Vorstandsmitglied der Stiftung Bremer Bildhauerpreis. Mit ihr unterhält sich Thomas Kaestle über die ersten 50 Jahre des Bremer Programms für Kunst im öffentlichen Raum und ihren Anteil daran, über Alleinstellungsmerkmale, Ansprüche und deren Wandel sowie über zeitgenössische Formate.

[Video: Gespräch mit Rose Pfister.]

Auf den Webseiten des Senators für Kultur in Bremen findet sich hier ein Überblick zur Geschichte der Kunst im öffentlichen Raum in Bremen, zu Programmen, Projekten, Künstler*innen, Arbeiten und Standorten. Auf dem Tourismusportal der Freien Hansestadt Bremen findet sich hier ein Angebot an Rundgängen zur Kunst in Bremen.

Ein Überblick zu Wandbildern in Bremen findet sich auf Wikipedia hier.

Ein Überblick zum Projekt Moving the City mit Vergleichsbildern aller alten und neuen Standorte findet sich auf den Seiten des Senators für Kultur in Bremen hier.

Die Publikation zur Ausstellung No Art = No City! Stadtutopien in der zeitgenössischen Kunst ist vergriffen – hier ist sie auf den Seiten des Verlags Hatje Cantz zusammengefasst.

Rose Pfister hat im Jahr 2021 ein kurzes Statement zu den Potentialen von Kunst im öffentlichen Raum für das Vermittlungsprogramm Kunst umgehen der Landeshauptstadt Hannover verfasst – es ist hier nachzulesen.

Der Kunsttunnel Bremen verfügt über eine eigene Website mit zahlreichen Fotos, Filmen und einer Dokumentation seines Wandels über fünf Jahre hinweg – außerdem mit einem Statement zu Vandalismus und Verschleiß.

Einen Überblick zur Stiftung Bremer Bildhauerpreis bietet deren Website. Darauf finden sich auch Informationen zum Rolandpreis und dessen Preisträger*innen: Jochen Gerz, Maria Nordman, Christian Boltanski, Thomas Hirschhorn, Hans Haacke, Monica Bonvicini und Michaela Melian. Die Arbeit von Stephan Huber ist hier dokumentiert. Die Preisträger von 2022, das Kollektiv raumlaborberlin erhielten im Jahr 2021 einen Goldenen Löwen auf der Architekturbiennale in Venedig.

Das Bremer NDR-Regionalmagazin buten un binnen hat im Jahr 2021 eine Reihe kurzer Beiträge zur Kunst im öffentlichen Raum gesendet, darunter auch ein Gespräch mit Rose Pfister, ein Porträt der Kunst im öffentlichen Raum in Bremen, eine Spurensuche nach „unscheinbarer Kunst“, einen Überblick zu vergänglicher Kunst oder einen Blick auf die Anfänge des Programms für Kunst im öffentlichen Raum in Bremen.

Neues wagen: ein digitaler Besuch bei Arie Hartog

Arie Hartog aus Maastricht promovierte in Nijmegen in Kunstgeschichte zum Thema „Moderne deutsche figürliche Bildhauerei“ und war dort Dozent für Architekturgeschichte und Museumskunde. Seit 1996 war er zunächst Kustos am Bildhauereimuseum Gerhard-Marcks-Haus in Bremen, im Jahr 2009 wurde er dessen Direktor. Dort profilierte sich Hartog als bundesweit anerkannter Kurator von Ausstellungen zur Skulptur des 20. Jahrhunderts und entwickelte in den letzten Jahren ein überregional bedeutsames und streitbares Ausstellungsprogramm für zeitgenössische Bildhauerkunst. Hartog ist Mitglied des Bremer Landesbeirats für Kunst im öffentlichen Raum. Mit ihm unterhält sich Thomas Kaestle über Bremer Besonderheiten, soziale Orte und zeitgenössische Laborsituationen.

[Video: Gespräch mit Arie Hartog.]
[Audio: Gespräch mit Arie Hartog.]

Das Bremer Gerhard-Marcks-Haus, dessen Direktor Arie Hartog ist, präsentiert sich hier digital.

Die im Gespräch erwähnte niederländische Stichting Kunst en Openbare Ruimte (SKOR) wurde im Jahr 2012 aufgelöst. Ihr Wikipedia-Eintrag existiert nur auf Niederländisch, aber es gibt auf den Webseiten von urban matters einen Beitrag über ihr großes Projekt Beyond, das in Utrecht das Stadtentwicklungsgebiet Leidsche Rijn von Anfang an über Jahre begleitete.

Über die plötzlich aufgetauchte Bronzeskulptur eines Mannes mit Einkaufswagen in den Bremer Wallanlagen berichtete unter anderem der Weser Kurier.

Die Ausschreibung des Bremer Senats für Mitglieder eines Gremiums, das einen Gedenkort für Opfer von behördlichem Brechmitteleinsatz, vor allem für Laye Alama Condé, der 2005 an den Folgen eines zwangsweise verabreichten Brechmittels starb, diskutieren und planen soll, findet sich hier. Die Ausschreibung des entsprechenden künstlerischen Wettbewerbs findet sich hier.

Geister hören: ein digitaler Besuch bei Katrin Bretschneider

Die Theatermacherin Katrin Bretschneider hat sich vor zwei Jahren mittels der partizipativen Inszenierung Shaking Hands With Ghosts in Bremen mit dem ehemaligen Gelände der Weft AG Weser, mit dem Wandel des Begriffs der Arbeit und mit gedanklicher Archäologie als Grundlage urbanen Handelns auseinandergesetzt. Im vergangenen Jahr hat sie die Produktion als dauerhaft verfügbaren Audiowalk neu veröffentlicht. 2023 wird sie sich mit ähnlichen Strategien weiteren Bremer Orten und urbanen Fragestellungen widmen: der Überseestadt und dem Thema Wohnen. Mit ihr unterhält sich Thomas Kaestle über das Alte und das Neue in öffentlichen Räumen.

[Video: Gespräch mit Katrin Bretschneider.]
[Audio: Gespräch mit Katrin Bretschneider.]

Katrin Bretschneiders Website finden Sie hier.

Die Download-Version von Shaking Hands With Ghosts, eine Dokumentation des Projektes in seinen beiden Fassungen und einen Video-Trailer finden Sie hier.

Die im Gespräch erwähnte Intervention Übung im nichtbestimmungsgemäßen Verweilen – Radioballett im Hauptbahnhof Leipzig der Gruppe LIGNA ist auf deren Website hier dokumentiert.

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