Die Auseinandersetzung mit Kunst in öffentlichen Räumen beschäftigt die Gemeinde Jesteburg bereits seit einigen Jahren: Welche Kunst vermag an welchem Ort Wirkung zu entfalten und einen Mehrwert für welche Menschen anzubieten? Soll Kunst dabei einladen und versöhnen? Oder soll sie irritieren und Fragen anregen? Kann sie beides zugleich? Und kann sie dabei sogar Spaß machen?
Die Jesteburger Bürger*innen-Akademie für Kunst in öffentlichen Räumen kümmert sich fast ein Jahr lang um denkbare Antworten auf solche Fragen, als Angebot für möglichst viele Menschen. Das Modellprojekt ermöglicht durch den respektvollen Austausch von Perspektiven Nachvollziehbarkeit und Dialog als Grundlagen für die Begegnung mit zeitgenössischer Kunst.
Wesentlicher Aspekt bei der Beteiligung von Bürger*innen ist nicht das Schaffen demokratischer Entscheidungsstrukturen. Fachentscheidungen konzeptioneller, struktureller und ästhetischer Natur müssen Expert*innen überlassen bleiben. Vielmehr geht es um Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Dialog. Hemmschwellen lassen sich durch das Herstellen gemeinsamer Informationsgrundlagen abbauen.
Das Programm lädt zehn Künstler*innen ein, jeweils einige Tage lang in und über Jesteburg zu recherchieren und zu brainstormen – um dann in einem öffentlichen Workshop ihre ganz individuellen Herangehensweisen an und Perspektiven auf Kunst, Zusammenhänge und Orte beispielhaft zu schildern. Es geht in der Akademie um Beobachtungen und Assoziationen sowie um unterschiedlichste mögliche künstlerische Formate für öffentliche Räume. Es geht um Menschen, Persönlichkeiten und Haltungen, nicht um fertige Konzepte und Objekte.
Die Jesteburger Bürger*innen-Akademie für Kunst in öffentlichen Räumen folgt dem Gedanken eines gemeinsamen Rechercheprozesses mit verteilten Expertisen und Zuständigkeiten. Während eingeladene Künstler*innen von Wissen, Erfahrungen und Assoziationen der Bürger*innen bezüglich ihres alltäglichen Lebensraums profitieren, lassen sie diese an der Entwicklung ihrer Außenperspektiven teilhaben und demonstrieren ihre individuelle Herangehensweise an Orts- und Kontextrecherche und ästhetische Umsetzungsansätze.
Ergänzt werden die künstlerischen Rechercheaufenthalte und Workshops durch Vorträge, Tagungen und Blicke auf Kunst in den öffentlichen Räumen an anderen Orten. Alle Angebote sind kostenfrei zugänglich. Das Veranstaltungsprogramm wird auch für all jene Bürgerinnen und Bürger erlebbar sein, die nicht zu bestimmten Terminen vor Ort sein wollen oder können: Ein regelmäßig anwachsender Blog dokumentiert und vertieft.
Abschließend soll in einer öffentlichen Veranstaltung mit allen Interessierten gemeinsam zusammengefasst, evaluiert, zurück und nach vorne geblickt werden: Welche künstlerischen Perspektiven und Ideen erscheinen besonders interessant, visionär, inspirierend, alltagsrelevant, irritierend, herausfordernd oder praktikabel? Welche Themen, Strukturen, Schwerpunkte, Zusammenhänge und rote Fäden erweisen sich als relevant für die Jesteburger*innen? Wer würde wessen Kunst gerne wiedersehen?
Schließlich wird eine Buchpublikation die Bedeutung der Jesteburger Akademie als Experiment zwischen Kunst und kultureller Bildung weit über die Gemeinde hinaus erfahrbar machen.